• Frage: Was ist der unterschied zwischen wissen und glauben?

    Frage gestellt Young alpha am 8 Apr 2022.
    • Foto: Daniel Moosdorf

      Daniel Moosdorf Beantwortet am 16 Mrz 2022: last edited 16 Mrz 2022 08:43


      Ich wollte die Antwort einfach schnell tippen und abschicken, aber es ist doch nicht so leicht zu beantworten.
      Ich denke, dass Wissen messbar ist. Ich kann versuchen herauszufinden, was jemand über Politik weiß. Dabei kann ich feststellen, dass die befragte Person viele objektiv richtige Annahmen hat.
      Glaube ist in meiner Vorstellung nicht messbar. Ich kann zwar eine Person befragen, wie oft sie in ein Gotteshaus geht und betet, aber ist von diesen Handelungen direkt auf den „Umfang“ oder „Größe“ des innernen Glaubens dieser Person zu schließen?
      Die Abgrenzung von falschem Wissen und Glaube finde ich schon schwieriger. Wenn eine Person von einer falschen Annahme fest überzeugt ist, könnte man auch davon sprechen, dass die Person fest an die Richtigkeit dieser Annahme glaubt. Aber auch hier ist durch den Abgleich mit dem objektiv richtigen Fakt eine Unterscheidung möglich (zwischen falschem Wissen – liegt vor, und dem Glauben daran – Überzeugung an die Richtigkeit).

      Danke für diese spannende Frage

    • Foto: Lutz Böhm

      Lutz Böhm Beantwortet am 16 Mrz 2022:


      Gute Frage. Schwierige Frage. Ich versuche es mal so zu sagen: Wissen ist etwas, dass objektiv nachweisbar ist. Im besten Fall steht dahinter eine Logik, die jeder nachvollziehen kann oder ein Experiment, dass jeder selbst machen kann und das gleiche Ergebnis bekommt. Ich denke, da aber sehr naturwissenschaftlich, also eben wir jemand, der sich mit Mathematik und Experimenten beschäftigt. Es gibt Wissenschaften, da ist das schwieriger.
      Glauben ist etwas, dass nicht nachweisbar ist. Der Fakt, dass viele Leute etwas bestimmtes glauben, macht es nicht wahr und Wissen sollte wahr sein.
      Voll schwer, das zu beantworten. Ich hoffe, das hilft zumindest ein bisschen weiter.

    • Foto: Tim Kietzmann

      Tim Kietzmann Beantwortet am 16 Mrz 2022:


      Dein ganz persönliches Wissen ist subjektiv, es handelt sich um die Informationen die du in deinem Gehirn gespeichert hast. Das kann auch falsch sein.

      Die Wissenschaft versucht an Hand von klaren Regeln der Logik Phänomene von Grund auf zu erklären. Wir machen dafür Experimente, stellen Theorien auf, und verwerfen diese auch wieder. Wissenschaft ist flexibel, anpassungsfähig, und reagiert auf neue Daten um die Welt immer besser zu verstehen.

      (kirchlicher) Glaube ist per Definition subjektiv und nicht nachweisbar. Glaube ist ein Stück weit ein Sprung ins Ungewisse – man erkennt an, dass es Dinge gibt, die sich niemals erklären lassen werden – das ist mit dem Grundsatz der Wissenschaft nicht immer einfach zu vereinen.

      Tim Minchin hat es etwas spitzzüngig formuliert:
      “Science adjusts its views based on what’s observed
      Faith is the denial of observation so that belief can be preserved.”

    • Foto: Milos Jovanovic

      Milos Jovanovic Beantwortet am 16 Mrz 2022:


      Joa…. Wissen und Glauben… ich wollte mich zuerst meinen beiden Vorkommentatoren anschließen und den Unterschied über wahr/unwahr oder messbar/nicht messbar erklären, aber auf der anderen Seite gibt es ja auch Wissen über Dinge die „nicht wahr“ sind. Wenn Menschen sich in Star Wars auskennen haben die ja viel Wissen über ein ganzes Universum, auch wenn nichts davon wirklich wahr ist. Oder das Wissen, um abergläubische (ja steckt „Glauben“ mit drin) Rituale (Klopfen auf Holz) ist Wissen, denn die Rituale gibt es ja, aber sie beschreiben Dinge die nicht wirklich messbar sind.

      Insofern würde ich sagen, dass Glaube und Wissen zwei Sphären darstellen, die durchaus einen großen Überlapp haben können. Es gibt naturwissenschaftliche Theorien (dunkle Materie z.B.) die (noch) nicht bewiesen sind aber für die es viele gute Grundlagen gibt. Aber ist das schon Wissen? Ist das Glauben? Ich denke das ist im Überlapp. Es gibt auf der anderen Seite gesichertes objektives Wissen (meist auch in der Natur- und Ingenieurswissenschaft zu finden) und es gibt klare Glaubensfragen (das meiste aus dem Bereich der Religion). Und da ist der Unterschied relativ klar zu erklären mit Messungen, Nachvollziehbarkeit, reproduzierbaren Ergebnissen etc.

      🙂 Ok, viele Worte um eigentlich nur zu sagen: Es gibt klare Unterschiede zwischen beiden und ein großes Feld dazwischen, wo man nicht genau definieren kann ob das jetzt Glauben oder Wissen ist.

    • Foto: Olaf Wolkenhauer

      Olaf Wolkenhauer Beantwortet am 16 Mrz 2022: last edited 16 Mrz 2022 09:02


      Etwas zu wissen, heisst etwas mit Sicherheit bzw. großer Wahrscheinlichkeit verstanden, oder ein Fakt ist. Wenn ich etwas glaube, erhebe ich für gewöhnlich nicht den Anspruch auf Sicherheit, während der Anspruch etwas zu wissen, die Verpflichtung zum Hinterfragen mit sich bringt.

      Wissen ist in vielen Fällen besser als glauben, aber man kann auch nichts wissen, ohne irgendwie auch zu glauben. Soll heissen, unser Wissen bzw unsere Fähigkeit zu wissen, ist eingeschränkt, und deshalb braucht es oft auch Vertrauen.

      Ich denke da nicht nur an absolute Grenzen des Wissens (wie vom Philosophen Arthur Schopenhauer, dem Physiker Werner Heisenberg und dem Mathematiker Kurt Gödel beschrieben), sondern auch an die alltägliche Praxis. In der Pandemie, schaffe ich es nicht jedes Detail selber zu recherchieren, aber vertraue der Wissenschaft, insbesondere ihre Fähigkeit des Anzweifelns und Korrigierens.

    • Foto: Andreas Braun

      Andreas Braun Beantwortet am 16 Mrz 2022:


      Hi Young alpha, wow! Das ist wirklich eine megageniale Frage. Man könnte ganze Bücher darüber schreiben und wäre immer noch nicht fertig. Warum? Man könnte die Frage so angehen: erst definiert man, was „Wissen“ ist, dann, was „Glauben“ ist. Danach „vergleicht“ man. Das wird aber kaum gelingen, denn, so krass wie es auch klingt: niemand weiß, was „Wissen“ eigentlich ist. Die Erklärung dafür ist sehr lang. Ich lasse sie hier weg. Wenn sie dich interessiert, dann stell doch einfach die Frage „Was ist wissen?“ hier auf die Plattform. Man kann auch anders vorgehen: man kann sozusagen „direkt“ vergleichen, ohne vorher zu definieren, was Wissen bez. Glauben jeweils sind (sowas nennt man einen differenzierungstheroetischen Ansatz). Das ist meistens „einfacher“. Das kann man sich ja an einem Alltagsbeispiel klar machen. Nimm ein Beispiel aus der Musik. Es ist doch einfacher zu sagen, was der Unterschied zwischen Gangsta Rap und Emo Rap ist, als zu „definieren“, was Gangsta Rap an sich ist.

      Also. Machen wir einen solchen differenzierungstheoretischen Ansatz. Darin unterscheidet man meistens „Meinen“, „Glauben“ und „Wissen“. Man nennt die drei dann unterschiedliche Stufen des Für-Wahr-Haltens. Nimm den Satz: „Gemüse ist gesünder als Fleisch“. Dieser Satz kann eine Meinung sein, ein Glauben, oder eben Wissen. In jedem der drei Fälle hält der Sprecher ihn für wahr. Aber:

      Für eine Meinung brauche ich keinen Beleg: Es reicht zu sagen: „Ich meine Gemüse ist gesünder als Fleisch“. Ich muss dafür keine Gründe angeben. Es ist einfach eine Meinung.

      Für einen Glauben brauche ich einen subjektiven Beleg (einen Grund, der für mich selbst gilt): „Ich glaube Gemüse ist gesünder als Fleisch, weil ich spüre, dass es mir besser geht und ich mehr Energie habe, wenn ich Gemüse esse“.

      Für Wissen brauche ich einen intersubjektiven oder objektiven Beleg (einen Grund, der nachweist, dass meine Überzeugung wahr ist und der deswegen auch von anderen akzeptiert wird): „Ich weiß, dass Gemüse gesünder ist als Fleisch, weil ich eine physiologische Studie durchgeführt habe, die eindeutig zeigt, dass dabei weniger Cholesterin im Körper entsteht“. Oder so ähnlich. Dein Grund (nämlich die Studie) kann auch von anderen gelesen und verstanden werden, sodass es nicht mehr „dein“ Beleg ist, sondern ein Beleg, den alle akzeptieren und ihn damit auch zu „ihrem“ Beleg machen.

      Das ist EINE von verschiedenen Möglichkeiten, den Unterschied zwischen den verschiedenen Stufen des Für-Wahr-Haltens auszumachen. Aaaaber: Nun geht es – wie immer in der Philosophie – natürlich weiter: Was bedeutet „wahr“? Unter welchen Bedingungen muss ich einen Beleg akzeptieren? Kann überhaupt der Grund eines Menschen zum Grund eines anderen Menschen werden? Was ist eigentlich ein Grund? Und was ist ein Beleg?`

      Wie immer in der Philosophie sind die Antworten nicht einfach, ich hoffe, sie haben dir trotzdem geholfen und auf jeden Fall Spaß gemacht 🙂

    • Foto: Martin Friesl

      Martin Friesl Beantwortet am 16 Mrz 2022: last edited 16 Mrz 2022 09:14


      Das ist eine ganz schön harte Nuss. Wissen hat sehr viel mit unserer Erfahrung in der Welt zu tun. Wir lernen Schreiben und Lesen, Fahrradfahren etc. Trotzdem können wir nicht ganz erklären was wir da genau tun. Stimmts? Wir können es einfach, unterschiedlich gut. Da gibt es auch einen Fachbegriff dafür, das nennt sich ‚implizites Wissen‘. Daneben gibt es die Welt der Fakten. Wir wissen z.B. welcher Wochentag heute ist etc. Das nennt sich ‚explizites Wissen‘. Das explizite Wissen basiert auch oft auch Erfahrung, aber wir können mit anderen darüber reden oder wir können es aufschreiben. Beide Arten von Wissen können wir letztlich überprüfen.

      Glauben (z.B. in der Religion) ist anders. Glauben entzieht sich unserer Möglichkeit bestimmte Aussagen zu überprüfen. Ein bekannter Philosoph (Immanuel Kant) nannte dies die ‚Meta-Physik‘, d.h. über das hinaus gehend, was wir in der Welt sehen und wahrnehmen können. D.h. woran muss ich glauben.

    • Foto: Lisa Budzinski

      Lisa Budzinski Beantwortet am 16 Mrz 2022:


      Das ist eine wirklich spannende Frage. Für mich persönlich ist Wissen etwas belegbares, was man auch je nach Sachlage anpassen muss. Das macht Wissen meiner Meinung nach objektiv, wobei Glauben subjektiv sein kann – also von Person zu Person unterschiedlich.

    • Foto: Klaus Stein

      Klaus Stein Beantwortet am 16 Mrz 2022:


      Wenn ich mit einem Würfelbecher würfle, kann ich, bevor ich den Becher hochnehme, sagen: „Ich glaube, ich habe eine 6 gewürfelt!“ Ich habe eine Vermutung, diese ist aber nicht belegt. Hebe ich den Becher dann hoch, kann ich dies überprüfen, ich weiß dann, dass es doch nur eine 3 war.

      Wissen hat mit Informationen über Tatsachen zu tun, aus denen ich Strukturen, Konzepte und Funktionsweisen erkennen kann. Wenn ich etwas glaube, dann habe ich eine Vermutung, eine Annahme, die aber nicht unbedingt durch Tatsachen gestützt ist (bei religiösem Glauben stammen diese Annahmen und die sich daraus ergebenden Regeln häufig aus dicken alten Büchern und Erzählungen von dicken alten Leuten).

      Mein Wissen ist eigentlich nie absolut, ich kann mich immer irren. Ich kann mir eingebildet haben, etwas gesehen zu haben, ein manipuliertes Bild für ein Original halten, mich falsch erinnern, falsche Schlußfolgerungen ziehen usw. Die Wissenschaft hat daher Verfahren entwickelt, um sich weiterzuentwickeln, vieles, was mal als gesichertes Wissen galt, wurde inzwischen als falsch oder unzureichend erkannt und ersetzt oder verfeinert. Wissenschaft gibt also immer nur den aktuellen Stand der Erkenntnis (des Wissens) wieder. Im Gegensatz zum reinen Glauben habe ich hier aber Werkzeuge, um nachzuvollziehen, wie wir dieses Wissen erlangt haben, woraus wir es abgeleitet haben, wie wir es überprüfen können.

    • Foto: Bettina Finzel

      Bettina Finzel Beantwortet am 16 Mrz 2022:


      Da haben schon viele Philosophen darüber nachgedacht. Ich bin aber keine Philosophin, deshalb weiß ich nicht, wie der Unterschied definiert ist. Ich glaube aber, dass es etwas damit zu tun hat, dass Wissen etwas Messbares ist, etwas, das man direkt in der Welt beobachten kann und bei dem man sich sicher sein kann (das muss nicht nur Materielles sein, das können auch Gefühle sein). Zu glauben muss deshalb noch lange nicht heißen, dass man falsche Annahmen über die Welt trifft, aber man kann sich eben aufgrund fehlender Beweise nicht sicher sein und hält dennoch (zunächst) an seiner Annahme fest. Ich denke auch, dass Wissen und Glauben gar nicht so scharf voneinander getrennt werden können. Denn manchmal führt Wissen, das wir irgendwann in der Vergangenheit mal gesammelt haben, dazu, dass wir bestimmte Dinge glauben oder nicht. In dem Moment wissen wir etwas, es fühlt sich für uns aber unsicher an, weil die Erinnerungen an das früher gewonnene Wissen nicht mehr direkt greifbar sind, dann sagen wir „ich glaube schon…“ und wissen es in Wirklichkeit. Man könnte außerdem auch noch darüber diskutieren, ob wir als Menschen überhaupt die Realität vollständig wahrnehmen und erfassen können und dann könnte man nämlich zu dem Schluss kommen, dass wir mehr glauben als zu wissen. Für mich hat Wissen sehr viel mit bereits beobachteten Gesetzmäßigkeiten zu tun und Glaube eher mit Annahmen für die ich (noch) keinen Beweis habe.

    • Foto: Julia Bloemer

      Julia Bloemer Beantwortet am 16 Mrz 2022:


      Die Frage nach den Begriffen ist hier sehr wichtig. Geht es eher um die Frage „Was ist der Unterschied zwischen Wissenschaft und Religion“? Oder „glauben“ so wie wir es auch im Alltag benutzen, als „vermuten“. Ich glaube, der nächste Zug nach München geht in 10 Minuten. Heißt, ich bin mir nicht ganz sicher, aber habe eine starke Vermutung.
      Der Unterschied zwischen Wissenschaft und Religion ist eine ganz andere Nummer. Heute sind wir es gewohnt, diese beiden Bereiche stark zu trennen. Das war in der Geschichte nicht immer so. Ich denke, es geht um unterschiedliche Fragen. Warum regnet es? Wie funktioniert eine Batterie? Warum brach der 2. Weltkrieg aus? Diese Fragen kann die Wissenschaft beantworten. Warum gibt es das Leid in der Welt? Wozu bin ich hier? Wie führe ich ein sinnvolles Leben? Solche Fragen KANN der Glauben beantworten (muss er aber nicht). Probleme gibt es, wenn Wissenschaft und Religion versuchen, die gleiche Frage zu beantworten. Beispiel: Evolution.

    • Foto: Dorothe Kienhues

      Dorothe Kienhues Beantwortet am 18 Mrz 2022:


      Sehr schwierig — Glaube (im Sinne von spirituellem/relgiösen Glauben) braucht vermutlich keine Beweise, Glaube fängt da an, wo das klare Wissen aufhört? Man kann ja nicht wissen, dass es ein Leben nach dem Tod gibt (dazu können wir keine Daten sammeln).
      Wissen bedeutet für mich etwas, was (vorläufig, das kann sich ggf. wieder ändern bei neuen Daten) erst einmal für wahr angenommen werden darf, das in gewisser Weise zuverlässig ist/also nicht vom Zufall abhängt.

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